Zur Absicherung von Vermögensbeständen setzen viele Anleger bereits seit Jahrzehnten auf Edelmetalle. Besonders beliebt sind hier ganz klar Gold und Silber. Auf die Idee, das Edelmetallportfolio weiter zu streuen und neben dem Bekannten auch auf andere Edelmetalle zu setzen, kommen allerdings nur wenige. Dabei birgt gerade Platin ein interessantes Potenzial – denn vor allem mit dem Wissen, dass das Edelmetall in der Zukunft noch eine weit bedeutendere Rolle in der Industrie spielen könnte, lässt sich ein Kursanstieg erwarten. Natürlich hat Platin aber auch seine Schattenseiten – nicht nur die bisherige Kursentwicklung betreffend, sondern auch hinsichtlich der steuerlichen Behandlung dieses besonderen Edelmetalls.
Gold wird Platin oft vorgezogen
Platin ist weitaus seltener als Gold. Das trifft nicht nur auf Vorkommen des Edelmetalls im Gestein zu, sondern auch auf das Vorkommen in Edelmetallanlagen – sowohl in Anlagen in Papierform als auch in physischen Anlagen. Doch woran liegt das?
Ein plausibler Grund dafür, dass Menschen mehr dem Gold und weniger dem Platin zugeneigt sind, könnte der sogenannte Goldstandard sein. Der meint eine Regelung, der zufolge eine Währung einen Anspruch auf Gold repräsentiert und immer in Gold umgetauscht werden kann. Erstmals eingeführt wurde der Goldstandard 1844 in Großbritannien. In Deutschland erfolgte die Einführung ab 1871. Obwohl die heutigen Währungen keinem garantierten Goldwert mehr unterliegen, hat sich dieser Gedanke, dass Währungen durch Gold gedeckt werden, in den Köpfen der Menschen und auch vieler Anleger verankert. Oft geschieht es daher nahezu unbewusst, dass zur Absicherung des eigenen Vermögens oder gar zur Vermehrung Gold zur ersten Wahl wird.
Es gibt allerdings noch einen weiteren, durchaus plausiblen Grund, warum viele lieber zum Gold als zum Platin greifen: Wie erfahrene Anleger wissen, wird Anlagegold (Goldmünzen oder -barren) ohne Mehrwertsteuer verkauft. Bei Platinbarren und -münzen gestaltet sich dies etwas anders. Hier muss der übliche Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gezahlt werden. Um jetzt noch Gewinn mit der neuen Platinanlage erzielen zu können, muss der Kurs gehörig steigen. Eine Ausnahme gilt, wenn es sich um Platinmünzen handelt, die aus dem Nicht-EU-Ausland importiert werden. Hier werden zusätzlich zum Silberpreis lediglich die Einfuhrumsatzsteuer von 7 Prozent sowie die Differenzsteuer fällig. Bei der Differenzbesteuerung wird der Differenzbetrag zwischen dem Ankaufspreis und dem Bruttoverkaufspreis mit 19 Prozent besteuert.
Kursverlauf und Potenzial von Platin
Was gerade angesichts der steuerlichen Behandlung von Platin übersehen wird, ist das Potenzial, das das Edelmetall bietet. Seit dem Jahr 2000 ist der Platinkurs um rund 74 Prozent gestiegen (Stand: 20.07.2020). Seinen bisherigen Höchstwert erzielte das Edelmetall im ersten Halbjahr 2008, dem Jahr der Finanzkrise. Mit einem Preis von 1.450,70 Euro war Platin zum damaligen Zeitpunkt mehr als doppelt soviel Wert wie Gold mit einem Preis von 635,70 Euro. Seit damals ist der Platinkurs allerdings nahezu kontinuierlich gefallen. Ende Februar 2020, als SARS-CoV-2 auch in Deutschland immer aktueller wurde, kam es zu einem rapiden Einbruch des Platinkurses. Innerhalb eines Monats sank der Platinpreis von 932,32 Euro auf 556,61 Euro. Ein solcher Kurseinbruch war zu diesem Zeitpunkt allerdings auch beim Silberpreis und in einer etwas abgeschwächten Form beim Goldpreis erkennbar.
Seitdem haben sich die Kurse aller drei Edelmetalle allerdings wieder erholt. Gerade beim Platin lässt sich dabei ein klar sichtbarer Aufwärtstrend erkennen. Immerhin ist der Kurswert bereits innerhalb von vier Monaten auf rund 740 Euro gestiegen.
Platin ist ein unabdingbares Material in der Industrie
Ob der Platinpreis auch in Zukunft steigen und womöglich sogar die Vorjahreswerte übertreffen wird, ist von einigen Faktoren abhängig. Bislang dient das Edelmetall aufgrund seiner Haltbarkeit und Seltenheit unter anderem der Herstellung hochwertiger Schmuckstücke. Darüber hinaus wird es dank seiner Korrosionsbeständigkeit überall dort eingesetzt, wo Metalle auf keinen Fall korrodieren dürfen, wie etwa bei hochbelasteten Kontakten in der Elektronik und der Elektrotechnik. Auch dient Platin als Rohstoff für Katalysatoren in der Autoindustrie, der Petrochemie und der Düngemittelproduktion. In der Medizin rettet das Edelmetall, eingesetzt in Herzschrittmacher und Gehirnsonden sogar Leben – auch, weil es über die höchste Körper- und Organverträglichkeit aller Edelmetalle verfügt. Bei einer solchen Nachfrage, die auch in Zukunft nicht geringer werden wird, kann man wohl von einer dauerhaften Stabilisierung des Kurses ausgehen, eine höhere Nachfrage in einzelnen Bereichen könnte auch noch zu bedeutsamen Kursanstiegen in der Zukunft führen.
Was besonders in den nächsten Jahren für einen Anstieg des Platinkurses sorgen könnte, ist, dass Platin beim Bau von Brennstoffzellen für Wasserstoff-Fahrzeuge zwingend erforderlich ist. Angesichts der derzeitigen Klimakrise setzen Deutschland und viele andere Länder der Welt bislang auf Elektromobilität. Die Deutsche Bundesregierung hat es sich nun allerdings zur Aufgabe gemacht, die Wasserstofftechnologie zu fördern. Dargelegt wird dieses Vorhaben in der sogenannten „Wasserstoffstrategie“, die die Bundesregierung Anfang Juni vorlegte. Das Ziel sei es, Deutschland im Bereich der Wasserstofftechnik zum Vorreiter und somit zum „Ausrüster der Welt“, wie es in dem Strategiepapier heißt, zu machen. Der Bedarf an Platin könnte so also, insofern die deutschen Pläne in die Realität umgesetzt werden, in Zukunft deutlich steigen – und das würde sich unweigerlich natürlich auch auf den Platinpreis auswirken.
Platin kaufen: Ist jetzt der richtige Zeitpunkt?
Durch die Corona-Pandemie ist der Platinkurs auf einem deutlich niedrigeren Niveau als noch vor der Krise. Bevor nun allerdings alles Geld in das oft so unterschätzte Edelmetall investiert wird, sollten nicht nur die Risiken eines möglichen, erneuten Absturzes abgewogen, sondern auch die steuerlichen Hürden miteinbezogen werden. Der sich aktuell abzeichnende Aufwärtstrend des Kurses und das Vorhaben der Deutschen Bundesregierung, die Wasserstofftechnologie und damit auch den Bau von Brennstoffzellen und den vermehrten Einsatz von Platin zu fördern, versprechen derzeit durchaus Wertgewinne. Wann es allerdings soweit ist und ob die Kursgewinne auch die beim Kauf anfallende Mehrwertsteuer decken können, lässt sich bislang noch nicht klar abschätzen.